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Markteinschätzung: Welchen Einfluss hat die Digitalisierung in Unternehmen auf den Gebrauchtsoftwaremarkt?

Die IT-Landschaft entwickelt sich im Zuge der Digitalisierung des Mittelstandes und größeren Unternehmen rasant weiter und eines ist klar: Cloud-Lösungen werden in Zukunft den größten Anteil einnehmen. Dennoch ist ein Umstieg in die Cloud nicht immer die Beste Lösung für das Unternehmen. Wieso es sinnvoll sein kann bei der traditionellen On-Premises-Software zu bleiben und was das Ganze für die Zukunft des Handels mit gebrauchter Software bedeutet, erklärt Ernesto Schmutter, CEO der MRM Distribution, im folgenden Interview. Eine Markteinschätzung des Gebrauchtsoftwaremarktes:

1. Herr Schmutter, wie lässt sich die Digitalisierung in Unternehmen vorantreiben? Welches Modell würden Sie empfehlen – vor allem im Hinblick darauf, dass es insbesondere im Mittelstand Schwierigkeiten gibt Digitalisierungsprojekte zu finanzieren?

Die Corona-Krise hat viele Unternehmen in die Lage gebracht, sich mehr mit ihrer IT-Infrastruktur auseinanderzusetzen. Dennoch wollen und können noch nicht alle Unternehmen in die Cloud. Gründe dafür sind fehlende IT-Budgets oder auch der Wunsch nach Unabhängigkeit. Der Wechsel in die Cloud bedarf einer klaren Strategie – und das nicht nur für den Umstieg an sich. Auch während der Cloud-Nutzung muss stehts auf Faktoren wie Datensicherheit Acht gegeben werden, da wichtige Daten sonst unbedacht in fremde Hände gelangen könnten. Wenn ein Unternehmen noch nicht bereit dafür ist, können On-Premises oder auch Hybrid eine gute Lösung sein.

Auch der Gebrauchtsoftwarehandel leistet seinen Beitrag zur Cloud-Transformation: Zum einen, weil es Unternehmen die Möglichkeit gibt gebrauchte Lizenzen zu verkaufen und dabei bis zu 40 Prozent der Ursprungsinvestition in neues IT-Budget zu transformieren – und beispielsweise in den Umstieg auf Software-as-a-Service oder andere Cloud-Lösungen zu investieren. Zum anderen, weil Gebrauchtsoftware in dem benötigten Maße günstig zu erwerben ist, solange ein Unternehmen möglichst unabhängig sein und weiterhin traditionelle On-Premises-Software nutzen möchte. Das wichtigste in beiden Fällen ist, das Unternehmen so schnell wie möglich zu digitalisieren.

2. In vergangenen Interviews haben Sie bereits von den positiven Entwicklungen berichtet, die die Corona-Krise auf den Gebrauchtsoftwaremarkt hatte. Könnten Sie diese nochmal kurz für diese Markteinschätzung zusammenfassen?

Die Corona-Krise hat sich insgesamt positiv auf den Markt der Informations- und Kommunikationstechnik (ITK) ausgewirkt und insbesondere von dem steigenden Bedarf an Workplace- und Collaboration-Lösungen profitiert. Auch die MRM hat daran partizipiert, da in diesem Zusammenhang auch die Nachfrage nach Gebrauchtsoftware angestiegen ist. 2020 verzeichneten wir dadurch ein Wachstum von 70 Prozent. Weitere Veränderungen, die uns im selben Jahr begleiteten: Die Verlegung des MRM-Hauptsitzes von Frankfurt am Main nach Unterschleißheim bei München, der Personalzuwachs von 7 auf 26 Mitarbeiter und das Wachstum des MRM-Partnernetzwerkes, das von mehr als 4.500 registrierten Partnern allein 2020 um mehr als 200 neu kaufende IT-Fachhändler gewachsen ist. Und wenn uns die Situation eines bestätigt hat, dann: Vertrauenspartnerschaften überstehen jede Krise und Kreislaufwirtschaft funktioniert auch nur in guter Partnerschaft – mit dem gemeinsamen Ziel den Produktlebenszyklus zu maximieren und dadurch den wirtschaftlichen, personellen und vor allem ökologischen Fußabdruck zu minimieren.

3. In der Krise ist das Interesse an gebrauchter Software gestiegen. Wie lautet ihre aktuelle Markteinschätzung? Wird es weiterhin eine große Nachfrage geben?

Meine realistische Markteinschätzung: Uns ist es bewusst, dass der Softwaremarkt sich in den nächsten Jahren verändern und die damit verbundene Cloudifizierung früher oder später zu stagnierenden Umsätzen im traditionellen Geschäft mit On-Premises-Software führen wird. Es wird jedoch noch einige Jahre benötigen, bis alle geschäftskritischen Herausforderungen beseitigt sind und alle Unternehmen uneingeschränkt in die Cloud wechseln können bzw. wollen: Da sind zum einen der Mittelstand, der die Hoheit über seine Daten oft (noch) nicht abgeben möchte und Investitionen in die Modernisierung der IT Infrastruktur gut überlegt und schrittweise vornimmt, oder die öffentliche Hand, die sich zwar der digitalen Souveränität verschrieben hat, dies aber nach ökonomischen Maßstäben tut. Darüber hinaus ist auch im Gesundheitswesen der Bedarf nach integrierten, software-basierten Kommunikationsmitteln aufgrund der Krise gestiegen und weder Ressourcen noch Budget erlauben hier den Gang in die Cloud. Bei all den genannten Beispielen sind wir zum vertrauensvollen Partner geworden und sehen weiterhin hohes Nachfragepotential.

Einige Hersteller zwingen den Kunden in die Cloud, andere wiederum haben verstanden, dass es noch zu viel Skepsis gibt und der Wunsch nach höherer Datensicherheit zunimmt. Bis also der Weg in die Cloud unabdingbar wird, unterstützen wir gemeinsam mit unseren Partnern durch den An- und Verkauf gebrauchter Software und ermöglichen bei Bedarf auch Modernisierungspotenziale wie hybride Szenarien.

4. Im Juni 2021 hat Microsoft die viel umstrittene Lizenzänderung wieder aufgehoben. Damit können Ihre Kunden die nicht mehr gebrauchten Softwarelizenzen an MRM verkaufen und trotzdem die „from SA“-Angebote in Anspruch nehmen. Bemerken Sie dadurch schon jetzt spürbare Veränderungen? Wie waren die bisherigen Reaktionen von Kunden und Partnern zu dem Thema?

Als seriöser Gebrauchtlizenz-Distributor konnten wir durch Aufklärung zahlreiche positive Reaktionen und entsprechend viele Annäherungen an das Thema des Verkaufs von Altlizenzen erfahren.

Da sich die „From-SA“ Entbindung nur auf bestimmte Enterprise-Produkte und deren Wechsel auf entsprechende „From-SA“ Cloud Subscriptions bezieht, sind vor allem große Unternehmen spürbar offener für den Weiterverkauf. Allerdings führen in solchen Unternehmen die Wege in der Regel über den Einkauf (also die Procurement-Abteilung) und die Rechtsabteilung – zur internen Prüfung der Rechtmäßigkeit. Das bindet viele Ressourcen, sowohl zeitlich als auch personell. Das Resultat ist dann oftmals ein Aufschieben eines solchen Verkauf-Projektes durch den Kunden.

2. August 2021