Ein Experte berichtet: Der Transformationsprozess zu Microsoft 365 in einer großen Agenturgruppe
Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Unternehmen aus? Können andere Firmen aus den praktischen Erfahrungen lernen, die an anderer Stelle bereits gemacht wurden? Wissenswertes aus der Praxis zu Planung, Ablauf und Lerneffekten eines Microsoft-365-Migrationsprojektes in einer großen Unternehmensgruppe aus mehreren Werbe- und PR-Agenturen:
In der Agenturgruppe, die mehrere Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt, stehen die Digitalisierung im Allgemeinen und auch die fortwährende Modernisierung der eingesetzten IT-Infrastruktur im Speziellen weit oben auf der Liste wichtiger, strategischer Themen. Mittendrin: Ein 39-jähriger Senior Technical Manager, der im Folgenden Einblicke in den Transformationsprozess der Agentur gibt. In seiner Funktion als leitender IT-Angestellter, die er seit 10 Jahren innehat, hat er nämlich auch die Migration der in den Agenturen wichtigen Office-Software von Einzelnutzer-Lizenzen zum Mietmodell Microsoft 365 begleitet.
„Office beziehungsweise Microsoft 365 und die Modernisierung der IT-Infrastruktur in unserem Unternehmen sind die beiden großen Themen, mit denen wir uns in den letzten Jahren vorwiegend beschäftigt haben“, berichtet der IT-Experte. Schon vor etwa fünf oder sechs Jahren sei in der Agenturgruppe beschlossen worden, dass als Arbeitsgeräte nur noch Notebooks gekauft werden. Wollte ein Kollege einen Standrechner, musste er dies nachvollziehbar begründen. Nicht zuletzt das deutlich verstärkte Arbeiten im Home- und Mobile Office seit der Corona-Pandemie habe gezeigt, dass diese Entscheidung goldrichtig war. „So konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab Tag eins von zu Hause aus arbeiten – das ließ sich in vielen anderen Unternehmen nicht so problemlos umsetzen.“
Microsoft Office spielt in der Agenturwelt eine zentrale Rolle
Abgesehen von der auf spezialisierter Layout- und Bildbearbeitungssoftware basierenden Kreativarbeit spiele Microsoft Office im Agenturalltag eine entscheidende Rolle. „Der Einsatz dieser Software liegt auf der Hand“, erklärt der Senior Technical Manager. „Schließlich geht man nicht zum Kunden und hält dort eine Präsentation mit OpenOffice oder etwas Ähnlichem – sondern eben mit PowerPoint und somit dem Original.“
Dabei gehe es nicht nur um technische Kriterien und Ausstattungsmerkmale, so der Senior Technical Manager, sondern auch um „Soft Facts“: „Nutzen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Programm gerne? Stoßen sie dabei häufiger auf Schwierigkeiten?“ Vergleiche man das Microsoft-Paket etwa mit dem Google Workspace, sei ein Großteil der Funktionen identisch. Der Großteil der Mitarbeitenden könne mit beidem umgehen. „Doch bei Themen, die seltener vorkommen, nehmen die Schwierigkeiten zu – da die Google-Lösung eben doch nicht so verbreitet ist. Allerdings muss das nicht auf alle Zeit so bleiben“, sagt der Experte. „Studentinnen und Studenten nutzen heute überwiegend Google. Das kennen sie und werden es mit in die Unternehmen bringen, in denen sie später arbeiten werden.“
Heute stünden dem allerdings Datenschutzaspekte entgegen, die für die Agenturkunden eine zentrale Rolle spielen. Hinzu kämen die Realitäten und Erwartungshaltungen auf Kundenseite: „Unsere Kunden benutzen Microsoft – und wir würden ihnen einen Link zu Google Hangouts schicken?“ Letztlich habe sich die Microsoft-Lösung unter all diesen Aspekten bewährt. Auch deshalb sehe er derzeit keine relevante Alternative zu Microsoft Office im Agentureinsatz.
Die Agentur entschied sich für die Cloud-Version der Microsoft-Anwendungen
Die Entscheidung von konventionellen Office- und Exchange-Instanzen auf das cloudbasierte Microsoft 365 umzustellen, fiel etwas später als die konsequente Ausrichtung auf Notebooks – nämlich vor etwa drei Jahren. Im Vorfeld hatte die Agentur ihre eigene Nutzungs- und Lizenzsituation analysiert und die Varianten Dauerlizenzen versus Cloud-Lizenzen für sich abgewägt. Der Experte nennt die Gründe, die letztlich den Ausschlag für die Cloud-Version gaben: „Als dienstleistungsorientierte Agentur war uns wichtig, immer die neuesten Versionen der Software zu haben, um unseren Kunden in dieser Hinsicht auf Augenhöhe begegnen zu können. Außerdem passte ein monatliches Kostenmodell sehr gut zu unserer Budgetierung.“ So sei man für die eigene Situation und das eigene Nutzungsverhalten zu der Einschätzung gelangt, dass das Mietmodell unter dem Strich für die Agentur praktikabler war als der Erwerb klassischer Lizenzen.
„Das ist aber nach meiner Erfahrung kein Automatismus“, betont der IT-Fachangestellte. Es gebe auch gute Gründe, die gegen die Cloud-Varianten sprechen – beispielsweise höchste Anforderungen an die Datensicherheit, die ein Unternehmen darin bestärken, die Datenhaltung komplett „on premise“ zu behalten. Auch die Frage, ob einmalige, dann über einen Nutzungszeitraum abzuschreibende Lizenzkosten oder monatliche Ausgaben die günstigere Wahl seien, hänge von vielen einzelnen Faktoren wie der Anzahl der Nutzer, dem Umfang der Lizenzen und der geplanten Nutzungsdauer der betroffenen Software-Version(en) ab. „Es ist absolut nachvollziehbar, dass andere Unternehmen da zu anderen Ergebnissen gelangen“, sagt der Senior Technical Manager.
Auch das Kommunikationsverhalten hat sich geändert
Nachdem die Entscheidung gefallen war, dauerte die Umstellung ein knappes halbes Jahr. „Da hatten wir als Werbe- und PR-Agenturgruppe, in der die Kolleginnen und Kollegen auch gerne innovativ sind und Neues ausprobieren, sicherlich auch einige Vorteile“, ist sich der IT-Experte sicher. „Bei uns wird ständig etwas erneuert, daher ging die Umstellung relativ flott und unproblematisch.“
Die Umstellung habe dabei auch ein Stück weit das veränderte Kommunikationsverhalten in der Agentur abgebildet. Vor der Umstellung betrieb die Agenturgruppe einen klassischen Exchange-Server in ihrem hauseigenen Rechenzentrum. „Heute haben Kommunikations- und Kollaborationstools wie Microsoft Teams in vielen Aspekten das klassische Telefonieren über die Telefonanlage oder auch den Austausch von E-Mails zumindest teilweise ersetzt.“
Gerade die Chat-Funktion habe beim verstreuten Arbeiten im Home- und Mobile Office eine unerwartet wichtige Rolle erlangt.
„Hilfreich war, dass auch nach der Umstellung auf die Cloud-Lizenzen die installierten, bisherigen Programmversionen noch bis zu drei Jahre nutzbar blieben. Es entstand kein Zeitdruck bei der Umstellung.“ So konnte die IT-Abteilung nach der Lizenzumstellung grundsätzliche Fragen lösen – wie zum Beispiel von einem bisher genutzten Virenscanner auf die entsprechende Lösung aus dem Microsoft-Paket zu wechseln ist. Anschließend wurde Microsoft 365 bei den Kolleginnen und Kollegen in der Agenturgruppe in Wellen eingeführt.
Noch viele weitere Auswirkungen der Digitalisierung auf Unternehmen
Ohnehin sieht der IT-Experte die fortwährende Digitalisierung der IT-Infrastruktur in Unternehmen als wichtige strategische Aufgabe: „Trends in der IT kommen und gehen, aber die Digitalisierung wird bleiben“, ist er überzeugt. „Gefährlich kann sie werden, wenn man sich gegen dieses Thema wehrt. Junge Generationen wachsen mit digitalen Lösungen auf – wenn man da nicht am Puls der Zeit ist, kann man schnell weg vom Markt sein. Ebenso kann die Digitalisierung aber auch das Wachstum fördern.“
Dabei sei es, so ist der Experte überzeugt, für IT-Abteilungen entscheidend, die IT-Architektur des Unternehmens exakt an dessen Bedarf auszurichten. Bestünden maximale Anforderungen an Datensicherheit nur in bestimmten Teilbereichen, könne etwa auch ein Hybrid-Modell eine geeignete Lösung sein – kritische Daten liegen dann auf dem besonders geschützten eigenen Server in den eigenen Geschäftsräumen, während für unkritische Daten der bequeme Austausch über die Cloud genutzt werden könne. Die Zeitsetzung, so der IT-Experte, sei in jedem Fall, dass das Unternehmen zukunftsfähig ist und bleibt – und so auch in fünf Jahren noch so erfolgreich sein wird wie heute.
Gebrauchte Lizenzen rechtssicher verkaufen
Nachdem die Umstellung komplett vollzogen war, stellte sich noch die Frage nach dem Umgang mit den verbliebenen, gebrauchten Office-Lizenzen. Dass sich der Verkauf von Gebrauchtsoftwarelizenzen unter der akribischen Beachtung rechtlicher Bedingungen auch lohnen kann, liegt für viele IT-Abteilungen noch im Ungewissen. Der Grund: Unbekanntes Terrain und unzureichende Informationslage. Jedoch kann der Gebrauchtlizenzverkauf auch zur Refinanzierung von Transformationsprojekten dienen. Der IT-Experte bewertet daher den Verkauf dieser Lizenzen auch als Chance: „Mit dem richtigen Partner, der diese Themen zuverlässig abwickelt, kann der Verkauf von Gebrauchtsoftware-Lizenzen aber durchaus das IT-Budget aufbessern – auch wenn der Prozess die Umstellung wohl nicht komplett refinanzieren kann“, berichtet der Senior Technical Manager.