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Weiterverkauf erlaubt: EuGH über gebrauchte Software

 

Europäischer David gegen Tech-Goliath aus Amerika: Der Rechtsstreit zwischen dem Gebrauchtsoftwarehändler UsedSoft und der Oracle Corporation hat vor knapp zehn Jahren ein wegweisendes Urteil hervorgebracht: In der Frage, ob der Weiterverkauf ungenutzter Oracle-Lizenzen durch den Software-Distributor legal sei, erklärte der Europäische Gerichtshof die Praxis im Juli 2012 für rechtskonform. In Deutschland folgte 2013 der Bundesgerichtshof dem EuGH mit einem eigenen Gebrauchtsoftware-Urteil: Wer bestimmte Leitlinien beachtet, darf mit gebrauchten Softwarelizenzen handeln. Was BGH und EuGH über gebrauchte Software urteilen.

Keine Angst vor Lizenzverkäufen

Auch wenn große Software-Unternehmen lange versuchten, den Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen einzuschränken, erlauben BGH und EuGH diese Weiterverkäufe prinzipiell. Sind die Lizenzen einmal erworben, bedarf es keiner weiteren Zustimmung des Urhebers; unter anderem Softwaregigant Microsoft scheint dies mittlerweile zu akzeptieren. Erst jüngst hat der Softwareurheber seine Lizenzbedingungen dahingehend angepasst. Übrigens dürfen auch Volumenlizenzen, also zu Paketen zusammengefasste Einzellizenzen, weiterverkauft und sogar aufgespalten werden. Wartungsverträge mit Softwarefirmen lassen sich hingegen nicht übertragen.

EuGH: Gebrauchte Software muss rechtskonform gehandelt werden

Dem EuGH-Urteil liegt die EU-Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zugrunde, welche die Urheberrechte an Software regelte. Softwareanwendungen seien aus Sicht des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates wie ein literarisches Werk zu behandeln: Sie sind grundsätzlich schützenswert.

Schriftsteller literarischer Werke beispielsweise dürfen ihren Leserinnen und Lesern nicht verbieten, gekaufte Bestseller nach dem Lesen wieder zu veräußern. Ebenso wenig dürfen auf Grundlage des EuGH-Urteils Softwarefirmen den Lizenzweiterverkauf willkürlich einschränken. Unter folgenden Bedingungen muss es Käufern von Softwarelizenzen demnach grundsätzlich gestattet sein, diese Lizenzen gebraucht weiterzureichen – unabhängig vom Einverständnis der Urheber:

Rahmenbedingungen gemäß Gebrauchtsoftware-Urteil

Erschöpfungsgrundsatz beim Lizenzverkauf

Urheberrechte lassen sich nicht abtreten – zumindest nicht in Deutschland, selbst wenn ein Urheber damit einverstanden wäre. Allerdings kann sich das Recht eines Urhebers über die Nutzung einer Kopie seiner Software zu bestimmen “erschöpfen”; dann nämlich, wenn er diese Kopie verkauft oder sie in einer Transaktion weitergibt, die einem Verkauf gleichkommt (Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG; Leasing oder Miete sind damit nicht gemeint). Software darf nach dem Erschöpfungsgrundsatz also weiter gehandelt werden, wenn der Urheber:

  • sie als Download bereitgestellt hat,
  • sie auf einem physischen Datenträger weitergegeben hat,
  • eine angemessene Vergütung bekommen hat,
  • gegenüber dem Ersterwerber eine zeitlich unbegrenzte Nutzung eingeräumt hat.

Wann dürfen Softwarelizenzen weiterverkauft werden?

Laut EuGH und BGH dürfen Verkäufer von gebrauchten Softwarelizenzen sich also auf den Erschöpfungsgrundsatz berufen. Außerdem müssen sie die Programmkopie rechtmäßig erworben haben (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG), dann dürfen sie mit den gekauften Softwarelizenzen auch handeln. Mit der Softwarelizenz geben Verkäufer nämlich auch potentielle Programmkopien weiter. In der Praxis heißt das: Die betreffende Software muss auf allen Geräten deinstalliert und von allen physischen oder digitalen Speichermedien rückstandslos gelöscht werden, bevor der Verkauf eingeleitet wird.

Das EuGH-Urteil im Wortlaut

“Nach Art. 5 Abs.1 der Richtlinie 2009/24 bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms in Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist.

Erwirbt der Kunde des Urheberrechtsinhabers eine Programmkopie, die sich auf dessen Internetseite befindet, nimmt er beim Herunterladen auf seinen Computer eine nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24 zulässige Vervielfältigung der Kopie an. Es handelt sich dabei nämlich um eine Vervielfältigung, die erforderlich ist, damit der rechtmäßige Erwerber das Computerprogramm bestimmungsgemäß nutzen kann.

Außerdem heißt es im 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/24, „dass das Laden und Ablaufen, sofern es für die Benutzung einer Kopie eines rechtmäßig erworbenen Computerprogramms erforderlich ist, … nicht vertraglich untersagt werden dürfen“.

Weiter ist daran zu erinnern, dass das Verbreitungsrecht des Urheberrechtsinhabers nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24 mit dem Erstverkauf einer körperlichen oder nichtkörperlichen Kopie seines Computerprogramms in der Union durch ihn oder mit seiner Zustimmung erschöpft ist. Folglich kann er dem Weiterverkauf dieser Kopie gemäß dieser Vorschrift und ungeachtet anderslautender vertraglicher Bestimmungen nicht mehr widersprechen.” (Quelle: InfoCuria)

BGH-Urteile: Aufklärungspflicht bei Gebrauchtsoftware

Mehrere BGH-Urteile ergänzen die Rechtsprechung des EuGH zu gebrauchter Software. Zusammengenommen ergeben sich daraus für Verkäufer und Käufer die beschriebenen Rechte beim Weiterverkauf gebrauchter Softwarelizenzen – und einige Pflichten. Denn Beklagte müssen nachweisen können, dass ihre Geschäfte mit gebrauchten Softwarelizenzen rechtskonform sind (vgl. „UsedSoft II“-Urteil des BGH). Rechtssicheren Transaktionen von gebrauchten Softwarelizenzen sollte deshalb eine umfassende Aufklärung durch die Verkäufer vorausgehen. Diese schließt ein:

  • Identität des Ersterwerbers,
  • Zahl der Weiterverkäufe,
  • Identität vorheriger Erwerber,
  • Versicherung/Nachweise über die Vernichtung von Programmkopien durch vorherige Erwerber,
  • ursprünglicher Lizenzvertrag (regelt bestimmungsgemäßen Gebrauch der Software).

Das BGH-Urteil im Wortlaut

“Zum einen kann sich der Nacherwerber einer Kopie des Computerprogramms nur dann mit Erfolg auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat (vgl. Stieper, ZUM 2012, 668, 670). Es ist deshalb Sache der Beklagten, darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass die Kunden der Klägerin ihre Kopien der von der Beklagten weiterverkauften Computerprogramme unbrauchbar machen. […]

Zum anderen verletzen die Kunden der Beklagten, die bereits über eine auf ihrem Server installierte Kopie des Computerprogramms verfügen und abgespaltene Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzukaufen, das Urheberrecht an diesem Computerprogramm, wenn sie die Software im Blick auf den Erwerb dieser zusätzlichen Lizenzen in den Arbeitsspeicher der Arbeitsplatzrechner weiterer Anwender laden und damit vervielfältigen. […]

Es ist Sache der Beklagten, darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass es bei den hier in Rede stehenden Computerprogrammen nicht zu solchen Vervielfältigungen kommt.” (Quelle: Bundesgerichtshof)

Rechtskonformer Ankauf

Als Käufer von Gebrauchtsoftware nimmt die MRM die deutsche und europäische Rechtsprechung zum Anlass, durch unternehmenseigene “Best Practices” Vertrauen in den Markt für gebrauchte Softwarelizenzen zu wecken. Der Grundsatz: Rechtssicherheit vor Urheberrechtsverletzung und Billigpreisen. Zusätzlich zu den bereits genannten Nachweisen gilt es hier insbesondere sicherzustellen, dass es sich bei angebotenen Produkten um Originalsoftware handelt, die in der Europäischen Union erstmals in Umlauf gebracht worden ist. Außerhalb der EU hat die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nämlich keine Rechtsgültigkeit.

Fazit: Der EuGH über gebrauchte Software

Der Europäische Gerichtshof hat zweifelsfrei klargestellt, dass der An- und Verkauf von gebrauchten Softwarelizenzen legal ist. Seine Interpretation von Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG gibt einen klaren Rahmen vor, innerhalb dessen rechtskonforme Weiterverkäufe möglich sind. Vor diesem Hintergrund garantieren vertrauenswürdige Distributoren wie die MRM ihren Partnern sowie deren Endkunden Auditsicherheit bezüglich vermittelter Gebrauchtsoftware-Lizenzen. Berührungsängste mit dem Thema Gebrauchtsoftware sind also unbegründet. Für alle weiteren Fragen erreichen sie jederzeit einen direkten Ansprechpartner bei der MRM. Nutzen Sie die Expertise des erfahrenen Distributors.